Jakobsweg von Porto nach Santiago


Jakobsweg 

Nun stand ich hier. Am Flughafen in Porto. Aus dem Land der Meckersäcke, wo alles immer nur schlecht geredet wird,  will ich es wissen.
Was hat es auf sich, mit diesem fast schon legendären Jakobsweg, frage ich mich.
Ich habe entschieden, den Küstenweg von Porto nach Santiago entlang zu fahren. Und dies auch noch mit dem Fahrrad. 
Der Weg ist zwar kurz, aber mehr als eine Woche wollte ich zum schnuppern nicht investieren. 
Laufen ist mir sowieso nicht möglich, da ich durch eine körperliche Krankheit paradoxerweise nur auf den Fahrrad schmerzfrei bin.

Der erste Tag in Porto war sehr schön. Ich lies mich durch die Stadt treiben und mich immer wieder staunend inspirieren.
Porto hat eine lange Geschichte und dies sieht man überall in der Stadt. Die alte Straßenbahn ist einzigartig. 

Da ich das erste mal auf diese Weise unterwegs bin, hatte ich die komplette Reise als Paket gebucht, inklusive Fahrrad und Gebäcktransport. 
Hinterher ist man immer schlauer und ich weiß nicht, ob ich das so nochmal machen würde. 
Insgesamt war es aber seinen Preis wert und mit der Angst und den damit verbundenen Bedürfnis nach Sicherheit wurde ja schon immer Geld verdient.
Daher gibt es an den Organisator  von meiner Seite keine oder kaum Beschwerden.

Ich bin früh im März hingereist,  da ich anders nicht konnte.
Resturlaub ist hier das Stichwort. 
Ich hatte schon geahnt, dass dies zu früh ist, aber das es so schlimm kommt, konnte ich nicht ahnen.

Als ich Nachmittag in mein Hotel eincheckte, war ich irgendwie erst mal überfordert.
Da stand ein Paket, wo das Fahrrad drin war. Niemand war da, der mir weiter helfen konnte. 
Ich mag zwar ein wenig Ahnung haben, wie man ein Fahrrad zusammen montiert, aber Freude macht mir sowas nicht. So habe ich auch gut zwei Stunden damit verbracht, dies einigermaßen hin zu bekommen.
Ich mag aber nicht daran denken, wenn es jemanden betrifft, dem so etwas gar nicht liegt. 
Ich habe es hin genommen. Es blieb mir ja auch nichts anderes übrig. 

Der nächste Tag.

Nun gehts los. Irgendwie steigt Freude auf. Aber auch Angst. 
Ich hatte mir noch einen kleinen Reiseführer gekauft. Irgendwie schlauer hat er mich dennoch nicht gemacht. 
Das hätte ich wohl im Vorfeld machen sollen. 
 
Auf gehts. In der Bewegung vergisst man die Angst. Man in zentriert und fokussiert. 
Ein paar letzte Eindrücke von Porto und weiter ging es Richtung Esposende. 
Radwege kennen die Portugiesen wohl eher nicht. 
Die Ausschilderung vom Jakopsweg ist sporadisch vorhanden. 
Dennoch geht es weitgehend durch urbanen Raum. Die Natur lässt sich nur hin und wieder mal blicken. 
Die Menschen sind freundlich, soweit ich ihnen begegne. 
Den Reiseführer habe ich nicht geglaubt, als darin beschrieben wurde, dass man wohl eine viel befahrene Strecke überwinden muss, um wieder ins ruhigere Gefilde unterwegs zu sein.
Aber tatsächlich! Es war ein Stück dabei, wo mir der Schreck in die Glieder fuhr. Ich musste auf einen Zubringer, der zur Autobahn führt, fahren, welcher wirklich extrem viel befahren wird. Am Ende musste.ich diese auch noch überqueren.
Ich bin sogar nochmal umgekehrt und habe in Ruhe aufs Navi geschaut, ob ich da richtig liege.
Nein, es gab keinen anderen Weg!
Ich glaube ich bin in diesen drei Kilometern meine persönliche Bestzeit gefahren. 

Um es vorweg zu nehmen. 
Wirklich verfahren oder verlaufen kann man sich nicht auf dieser Strecke.
Auch wenn ich wohl manchmal Umwege oder Sackgassen gefahren bin. Das Meer liegt zur linken Seite. 
Auch wenn ich es manchmal nicht gesehen habe, so spürte ich es als ständigen Begleiter.
Mir kam das Meer schon fast wie ein spiritueller Führer vor, so gegenwärtig ist es auf diesem Weg. 
Nur das letzte Stück nach Santiago führt vom Meer weg. 
Ich hatte mich so daran gewöhnt, dass mir da schon fast wehmütig zumute war. 

Zu den Übernachtungen möchte ich mich nicht groß äußern. Einfach, aber sauber waren sie alle. Unterschiede gab es beim Frühstück. Mich hat dies keineswegs gestört, da ich nicht auf Luxus aus war.
Im Nachhinein ärgerte ich mich darüber, dass ich nicht wenigstens eine Nacht in den Pilgerherbergen verbracht habe, um ein Gefühl davon zu bekommen. Das Recht hat schließlich jeder, der einen Pilgerpass besitzt.

Weiter gehts Richtung A.Guarda.
Die Wege sind keine Radwege. Man fährt hauptsächlich über alte Dorfstraßen. Manchmal sehr holprig und man muss aufpassen, nicht zu stürzen.
Auch Sandpisten sind dabei. Wenn diese nass sind, klebt die Erde wenigstens nicht. Streckenweise macht es richtig Spaß und hat eher etwas mit einer Mountainbike-Tour, als mit einer Radtour gemeinsam. 
Immer wieder belohnen einen die Ausblicke aufs Meer. 

Unerwartet kam ein nagelneuer Wegweiser in Sicht. Ich habe mich darüber sehr gefreut. 
Allerdings wurde aus dem relativ breiten Weg ein schmaler Fusspfad,  bis er gerade noch zu erahnen war. 
Ich musste das Fahrrad schieben, bis ich mich entschied, einen steilen Abhang hinauf zu steigen, um die weiter höher liegende Straße zu erreichen.
Zwar konnte ich nun nicht mehr direkt am Meer lang fahren, aber irgendwie musste ich ja die 70 km schaffen und ich hatte erst 10 km hinter mich gebracht.

Manchmal ist es sich zu verfahren die schönste Sache der Welt. 
Ich bin weitgehend ohne Navi gefahren. Da passiert es relativ oft, dass man mal kleinere Umwege fährt. Hauptsache die Richtung stimmt.
So bin ich unbewusst in ein Naturschutzgebiet auf einen Holzsteg gefahren. Dies war einer der schönsten Erlebnisse auf meiner Fahrt. 
Direkt am Rio Cavado gelegen lohnt sich der kleine Abstecher auf jeden Fall. 
Allerdings war der Weg, bedingt durch das Holz, sehr klitschig. 

Auf dem Weg nach Virgo

Im Prinzip ging es bereits am Vortag los.
Eine Schlechtwetterfront bahnte sich an und so fuhr ich schon den ganzen Tag durch den Regen. 
Nun kam aber auch noch Sturm hinzu und die Temperatur wollte nicht nach oben klettern.  
Glücklicherweise haben die Regenüberzüge einigermaßen durchgehalten. Ansonsten schwitzt man darin von innen, so dass es schließlich egal wird, ob man von außen oder innen nass wird. 
Sicher gibt es da was besseres an Kleidung, aber dass ich in ein Sturmtief gerade, konnte ich nicht ahnen. Mir fehlte auch schlichtweg die Erfahrung.
Leider lief das Wasser in meine Schuhe. Nasse Füße ...oh nein. Das ist das Letzte, was man braucht. 
Ein paar Müllsäcke und Schnürsenkel halfen mir ganz gut, die Fahrt fort zu setzen. 
Irgendwie, irgendwann machte es auch  Spaß und mein Kampf gegen die Elemente hat mir eine gewisse Art von Trotz abgerungen. 

Nach so einer Strapaze erlebt man das abendliche Bad als schönste Erfüllung, die man sich vorstellen kann.
Wie verhätschelt man doch zu Hause ist. 
Dabei braucht der Mensch gar nicht viel, um glücklich zu sein. 

Letze Etappe
Da ich hier nicht den Anspruch erhebe, jedes Detail zu erwähnen, sondern mehr zusammen zufassen, möchte ich somit noch ein kleines Fazit geben. 

Im Grunde wird jeder die Reise anders erleben. Der Weg ist das Ziel, wie man so schön sagt.
Das Gefühl, etwas geschafft zu haben, stellt sich jeden Tag ein. 
Viele Dinge gingen mir durch den Kopf. 
Jeden Tag, den ich gefahren bin, brachte mich ein Stück weiter weg von den angeblich so wichtigen Problemen. Die Reduzierung auf das notwendigste, empfand ich als nach Hause kommen zu sich selbst. 
Manchmal war es sehr schwer. 
Wenn mich ein Dorfhund gejagt hat zum Beispiel. 
Oder wenn der angebliche Jakobsweg im Dorf Umwege gemacht hat. Wahrscheinlich gab es Streit um jede Straße, wo er lang zu führen hat. 
Manchmal musste ich mein Fahrrad über große Steine in einen Flussbett bergauf tragen. 
Wenn man nicht weiß, wie lange das so geht, irritiert es schon ein klein wenig.
Amüsant fand ich dann schon, dass ich kurz vor Santiago plötzlich viele Asiaten in Sandalen getroffen habe. 
Wahrscheinlich wurden sie ausgesetzt, um erzählen zu können, dass sie den Jakobsweg gelaufen sind. 
Schließlich merkt man auch bei der Urkundenausstellung, dass der Jakobsweg zum Geschäft gemacht wird. 
Dennoch war es für mich ein unvergessliches Erlebnis. 

Als ich Monate später die Mosel abwärts fuhr und dort ein nagelneuen Wegweiser mit der  Muschel gesehen habe, kam eine große Freude in mir auf.
https://drive.google.com/uc?export=view&id=1HLf1BvUsjE2_ZFIu6j73RjNL06lWq-m7


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