Sonntag, 23. November 2025

Die geschnittene Platane

 Die geschnittene Platane



Die Platane, zugeschnitten,

ein Sinnbild für den Menschenschnitt:

gestutzt, gezähmt, in Form getrieben,

damit man sie zur Zierde hat

entlang der Straßen –

die Gesellschaft will es so,

und so wird’s gemacht.


An ihren offenen Wunden

dringt Pilz und warmer Moder ein,

sie werden hohl,

und leben nur noch außen –

wie Körper, die man brav gemacht,

bis innen kaum ein Raum bleibt.


Wie Militär in Reih und Glied

stehen sie dann da,

fürs Wohlgefallen aufgestellt,

gehorchend jeder Linie.


Doch sieh genauer hin:

Die Wurzeln lassen sich nicht zähmen.

Wütend drücken sie den Asphalt,

heben Steine,

zeigen ihre wahre Kraft.


Wer je eine Platane sah,

die frei im eigenen Willen wächst,

der weiß, welch wilde Stärke

in ihrem Herzen steckt.






Dienstag, 11. November 2025

Über KI

 


Der Mensch und die verlorene Natur

Von der verlorenen Unschuld der Erde

Der Mensch sehnt sich nach der unberührten Natur – nach Wäldern, die ihn nicht kennen, nach Flüssen, die ohne Namen fließen, nach einer Welt, die nicht von seinem Blick befleckt ist. Er ruft nach Reinheit, doch seine Hände tragen Staub.


Denn was der Mensch berührt, verwandelt er. Er kann nicht anders. Er ist das Tier, das gestalten muss, das ordnet, benennt, zerstört, um zu verstehen. Und so wird er zum Feind dessen, wonach er sich am tiefsten sehnt.


Er hat sich selbst aus dem Schoß der Erde herausgeschnitten, nackt und wissend, und steht nun frierend vor dem, was er „Natur“ nennt – als Fremder, als Sohn, der seine Mutter vergessen hat. Und doch: In seiner Sehnsucht spricht sie zu ihm. Denn die Sehnsucht ist Erinnerung – Erinnerung an eine Einheit, die einst war, bevor der Geist sich über die Welt erhob.


Die unberührte Natur, die der Mensch sucht, existiert nicht mehr im Äußeren. Sie lebt nur als Ahnung in seiner Tiefe – in jenem Teil seiner Seele, der noch nicht vom Denken verzehrt ist. Wer sie finden will, muss nicht hinaus, sondern hinabsteigen: in die Wildnis seines eigenen Inneren.


Dort rauscht noch der Strom, den keine Stadt gezähmt hat.

Dort wachsen noch die Wälder, die kein Acker verdrängt.

Dort ist der Mensch noch Erde – und die Erde noch unschuldig.

Mittwoch, 5. November 2025

Wo das Mitgefühl beginnt

 Urteile nicht über das Leid eines anderen. Wer das Leid nicht fühlt, soll nicht über Leid sprechen.


Urteile nicht über das Leid eines anderen.

Denn Leid ist kein Objekt, das sich messen ließe.

Es entzieht sich dem Blick, sobald man es benennt.


Wie ein Teilchen im Dunkel verändert es sich,

wenn man es betrachtet –

zieht sich zurück in die Schatten des Unaussprechlichen.

Nur wer es fühlt 

wer im eigenen Innern den gleichen Schmerz gespürt hat,

versteht, dass Mitgefühl kein Wissen ist,

sondern ein Schweigen,

das Raum lässt für das, was sich nicht erklären lässt.


So bleibt das Leid die wahre Unschärfe:

ein Geheimnis zwischen zwei Seelen,

unbeobachtbar,

unendlich zart.




Montag, 3. November 2025

Wenn Denken zur Sehnsucht wird

 Der Mensch tastet nach dem Unbegreiflichen, wohl wissend, dass seine Hände leer bleiben – und gerade darin offenbart sich seine Sehnsucht nach Sinn.



Die geschnittene Platane

  Die geschnittene Platane Die Platane, zugeschnitten, ein Sinnbild für den Menschenschnitt: gestutzt, gezähmt, in Form getrieben, damit man...