Dienstag, 11. November 2025
Der Mensch und die verlorene Natur
Von der verlorenen Unschuld der Erde
Der Mensch sehnt sich nach der unberührten Natur – nach Wäldern, die ihn nicht kennen, nach Flüssen, die ohne Namen fließen, nach einer Welt, die nicht von seinem Blick befleckt ist. Er ruft nach Reinheit, doch seine Hände tragen Staub.
Denn was der Mensch berührt, verwandelt er. Er kann nicht anders. Er ist das Tier, das gestalten muss, das ordnet, benennt, zerstört, um zu verstehen. Und so wird er zum Feind dessen, wonach er sich am tiefsten sehnt.
Er hat sich selbst aus dem Schoß der Erde herausgeschnitten, nackt und wissend, und steht nun frierend vor dem, was er „Natur“ nennt – als Fremder, als Sohn, der seine Mutter vergessen hat. Und doch: In seiner Sehnsucht spricht sie zu ihm. Denn die Sehnsucht ist Erinnerung – Erinnerung an eine Einheit, die einst war, bevor der Geist sich über die Welt erhob.
Die unberührte Natur, die der Mensch sucht, existiert nicht mehr im Äußeren. Sie lebt nur als Ahnung in seiner Tiefe – in jenem Teil seiner Seele, der noch nicht vom Denken verzehrt ist. Wer sie finden will, muss nicht hinaus, sondern hinabsteigen: in die Wildnis seines eigenen Inneren.
Dort rauscht noch der Strom, den keine Stadt gezähmt hat.
Dort wachsen noch die Wälder, die kein Acker verdrängt.
Dort ist der Mensch noch Erde – und die Erde noch unschuldig.
Mittwoch, 5. November 2025
Wo das Mitgefühl beginnt
Urteile nicht über das Leid eines anderen. Wer das Leid nicht fühlt, soll nicht über Leid sprechen.
Urteile nicht über das Leid eines anderen.
Denn Leid ist kein Objekt, das sich messen ließe.
Es entzieht sich dem Blick, sobald man es benennt.
Wie ein Teilchen im Dunkel verändert es sich,
wenn man es betrachtet –
zieht sich zurück in die Schatten des Unaussprechlichen.
Nur wer es fühlt
wer im eigenen Innern den gleichen Schmerz gespürt hat,
versteht, dass Mitgefühl kein Wissen ist,
sondern ein Schweigen,
das Raum lässt für das, was sich nicht erklären lässt.
So bleibt das Leid die wahre Unschärfe:
ein Geheimnis zwischen zwei Seelen,
unbeobachtbar,
unendlich zart.
Montag, 3. November 2025
Wenn Denken zur Sehnsucht wird
Der Mensch tastet nach dem Unbegreiflichen, wohl wissend, dass seine Hände leer bleiben – und gerade darin offenbart sich seine Sehnsucht nach Sinn.
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Ich darf Mensch sein, im großen Gefüge, mit Gefühlen, woher sie auch kommen – ich weiß es nicht. In die Welt geworfen, versuche ich mich z...
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In den Weiten der Gedanken, wo Sichtweisen sprießen, Wandelt der Mensch in selbstgesponnenen Fließen. Ein Netz aus Worten hält ihn fest, E...



